Vielblütige Weißwurz / Polygonatum multiflorum

Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum) in den Alzauen bei Trostberg

Weißwurz beschreibt ganz treffend das fingerdicke, kurz unter der Erdoberfläche kriechende Rhizom dieser Pflanze, die jedes Jahr einen Spross ausbildet. Die abgestorbenen Sprosse der Vorjahre hinterlassen eine nabelförmige Delle auf dem dadurch vielfach gekrümmten Rhizom, was wiederum zum wissenschaftlichen Namen beigetragen hat: Polygonatum bedeutet in etwa „vielknotig“ oder „viele Knie“.

Die vielblütige Weißwurz ist eine von drei Arten der Gattung im Chiemgau und in einigermaßen naturnahen Wäldern weit verbreitet.

Rote Heckenkirsche / Lonicera xylosteum

Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum)

Die Rote Heckenkirsche ist ein kleiner Strauch und im Chiemgau weit verbreitet. Sie wächst in Wäldern, vor allem aber in Übergangsbereichen wie Waldrändern oder Feldgehölzen. Die Gattung Lonicera ist wahrscheinlich eher für ihre Lianen bekannt, so wie das Geißblatt oder Je-länger-je-lieber (Lonicera caprifolium), das regelmäßig wegen des angenehmen Blütendufts als Zierpflanze an Häuser gepflanzt wird.

Charakteristisch für alle Geißblatt- und Heckenkirschenarten sind die doppelten Blüten und Früchte: Jeder Blütenstiel (in Wirklichkeit ist es ein Blütenstandsstiel) trägt zwei Blüten, jeder Fruchtstandsstiel dann entsprechend zwei Früchte.

Mehlprimel / Primula farinosa

Mehlprimel (Primula farinosa)

Mehrere Jahrzehnte lang waren die „Mehlprimeln“ als musikalisch-satirisches Duo fester Bestandteil der deutschen Kabarettlandschaft. Zur Namensgebunng lässt sich nur spekulieren. Ging es ihnen um den Heimatbezug? Hat einfach der skurrile Name gefallen?

In diesem Beitrag geht es nun tatsächlich um den Namensgeber: Die Mehlprimel (Primula farinosa). Ihre Blätter und Stängel tragen einen weißlichen Überzug, sie sehen aus wie bemehlt – daher ihr Name, im deutschen wie im lateinischen. Die zierliche Pflanze wächst auf mageren Wiesen, oft in Quellmooren, und blüht im späten Frühjahr.

Gewöhnlicher Wurmfarn / Dryopteris filix-mas

Gewöhnlicher Wurmfarn (Dryopteris filix-mas)

Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Zeiten gewesen sein müssen, als es noch keine modernen Arzneimittel gab, die auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet waren. Vom Wurmfarn wusste man wohl aus Erfahrungswerten, dass sich damit Darmparasiten bekämpfen ließen – beim Vieh wie beim Menschen. Soviel zum deutschen Namen… Von einer Verwendung wird heutzutage abgeraten, die Wedel sind dann doch wohl nicht nur für die Würmer giftig.

Von mehreren einheimischen Wurmfarnarten ist der Gewöhnliche Wurmfarn der häufigste. Er wächst in aller Regel in Wäldern und sieht so aus, wie man sich einen Farn vorstellt: Die Wedel in Form einer trichterförmigen Blattrosette angeordnet und mehrfach zerteilt.

Zwergbuchs / Polygala chamaebuxus

Zwergbuchs (Polygala chamaebuxus)

Die kleinen ledrigen immergrünen Blätter erinnern tatsächlich an den Buchs, spätestens an den Blüten des Zwergbuchs‘ oder Buchsblättrigen Kreuzblümchens wird aber klar, dass hier keine nähere Verwandtschaft bestehen kann. Kreuzblümchen, wie die Gattung Polygala generell genannt wird, sind nahe mit den Schmetterlingsblütlern wie Klee oder Wicke verwandt.

Der Zwergbuchs kommt in den gesamten Alpen und in den deutschen Mittelgebirgen vor, überall dort, wo im Untergrund Kalk oder Dolomit vorliegt. Fast immer wächst er zusammen mit der Schneeheide (Erica carnea) an Sonnenhängen oder in lichten Nadelwäldern.

Der Zwergbuchs blüht sehr zeitig im Frühjahr – so zeitig, dass vorwitzige Individuen manchmal schon ein einer Schönwetterphase im November oder Dezember ihre Blüten öffnen.

Schusternagerl / Gentiana verna

Schusternagerl (Gentiana verna)

Wenn die leuchtend blauen Blüten der Schusternagerl auf den Almwiesen erscheinen, ist der Frühling da. Der weit verbreitete Volksname des „Frühlings-Enzians“, wie Gentiana verna im Hochdeutschen bezeichnet wird, nimmt Bezug auf die Form der Blüten. Die fünf Blätenblätter sind zur Spitze hin flach ausgebreitet, zur Basis aber in eine schmale Röhre zusammengezogen, so dass sich die Anmutung eines Nagels ergibt. Die wissenschaftliche Botanik bezeichnet dies als „Stiel-Teller-Blume“. So kann man’s auch sagen…

Schusternagerl waren übrigens auch einmal im Alpenvorland verbreitet. Nur ganz wenige Standorte gibt es heute noch, die so mager geblieben sind, dass die kleinen Enziane nicht durch konkurrierende Arten vom Licht abgeschnitten werden.

Kleiner Exkurs zu den Nachtfaltern

Spinner, Spanner, Schwärmer und Eulen – diese vier Gruppen von Nachtfaltern hat Stefan Kattari sen. im Chiemgau in den letzten Jahren intensiv erforscht. Die Ergebnisse liegen jetzt kompakt auf 172 Seiten zusammengefasst vor. Über 400 Nachtfalterarten konnte er im Chiemgau nachweisen, die meisten davon werden im Buch abgebildet.

Was haben Schmetterlinge mit der Flora des Chiemgaus zu tun?

Die Querverbindungen sind vielfältig! Alle Schmetterlingsraupen fressen an Pflanzen, viele erwachsene Schmetterlinge bestäuben Pflanzen. Manchmal kann man Raupen schon allein an ihrer Futterpflanze bestimmen – dazu müsste man aber die Futterpflanze auch mit Namen kennen. Spätestens hier geben sich Entomologie und Botanik die Hand.

172 Seiten, klimaneutral gedruckt auf Recyclingpapier. ISBN 978-3-949316-02-9. 24,90 Euro.

Gelbes Windröschen / Anemone ranunculoides

Gelbes Windröschen (Anemone ranunculoides)

Sowohl der deutsche als auch der wissenschaftliche Gattungsname nehmen Bezug auf den Wind: ánemos aus dem Griechischen bedeutet Wind oder Lufthauch. Auch wenn die fünf Blütenblätter nicht exakt in die vier Windrichtungen weisen (können), die Anmutung einer Windrose als Namensgeber ist schon nachvollziehbar.

Das gelbe Windröschen wächst oft in der Nähe von Fließgewässern, in den Auwäldern größerer Flüsse genauso wie in Bachtälern der Chiemgauer Alpen. Die Blätter sehen dem viel häufigeren weißblühenden Busch-Windröschen sehr ähnlich, das zudem zur gleichen Zeit blüht; das gelbe Windröschen bildet dagegen oft zwei Blüten aus, das Busch-Windröschen hat stets eine Blüte.

Milzkraut / Chrysosplenium alternifolium

Wechselblättriges Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium)

Mit seinen von frischgrün nach goldgelb verlaufenden Blütenständen sticht das kleine Milzkarut im Frühjahr ins Auge, zumal es oft richtige Teppiche bildet. Die Blätter sind eher nierenförmig, um bei inneren Organen zu bleiben. Die Pflanzen wachsen auf feuchtem, manchmal so gar richtiggehend nassem Boden. Die Pflanzen sind verbreitet im Auwald zu finden oder im Bergwald, dort wo Wasser den Hang herabsickert.

Die botanische Verwandtschaft ist auf den ersten Blick nicht leicht zu erraten: Das Milzkraut gehört zu den Steinbrechgewächsen. In Bayern kommen zwei Arten vor; die zweite Art, das Gegenblättige Milzkraut (Ch. oppositifolium) hat seine Hauptverbreitung nördlich der Donau.

Soldanelle / Soldanella alpina

Alpen-Soldanelle (Soldanella alpina)

Alpenglöckchen wird diese Pflanzengattung genannt, Troddelblume oder einfach mit ihrem eingedeutschten Namen: Soldanelle. „Ich habe gehört, es Soldanellen geben.“ (Was sind Nellen? – Ich fürchte, dies muss unbeantwortet bleiben…)

Die Pflanzen sind echte Frühlingsboten. Ihre zierlichen Blüten erscheinen kurz nach der Schneeschmelze, was zur Folge hat, dass sie je nach Standort von Ende April bis weit in den Juni hinein blühend zu finden sind. Unter Altschneefeldern beginnt der Frühling eben auch erst, wenn der Schnee getaut ist, ganz gleich, ob ringsum bereits Frühsommer herrscht. Manchmal findet man auch Soldanellenblüten, die aus dem Schnee herausschauen. Dies kann dann passieren, wenn ein später Schneefall nochmals für eine geschlossene Schneedecke sorgt. Das ändert aber auch nichts mehr daran, dass der Frühling nicht mehr weit sein kann.