2. Band „Farne“ erschienen

Mit den „Farnen“ ist der zweite systematische Band der Flora des Chiemgaus erschienen. Er umfasst mehr als 50 Arten nicht nur der Farne im engeren Sinn, sondern auch der Schachtelhalme, Moosfarne und Bärlappe undd amit mehrerer Familien. Sie sind nicht einmal nächstverwandt, aber alle Arten vermehren sich über Sporen und bilden keine Blüten. Sie stellen damit stammesgeschichtlich sehr alte Entwicklungslinien dar.

Viele der Arten sind im Chiemgau weit verbreitet, einige äußerst selten – und für zwei Arten fels- und schuttbesiedelnder Streifenfarne trägt der Chiemgau sogar die alleinige Verantwortung in Deutschland: Asplenium fissum und Asplenium seelosii sind in Deutschland bislang ausschließlich in den Chiemgauer Alpen gefunden worden.

Der Band stellt auf 100 Seiten alle wildwachsenden Gefäßkryptogamen des Chiemgaus vor. Gedruckt auf Recyclingpapier. ISBN 978-3-949316-03-6, 18,90 Euro.

Sumpffarn | Thelypteris palustris

Der Sumpffarn (Thelypteris palustris) wächst auf nassen, teils überstauten Böden.

Am Rand der Moore des Alpenvorlands und in den Alpentälern kommt der Sumpffarn (Thelypteris palustris) vereinzelt in Bruchwäldern und am Rand von Streuwiesen vor. Wo er wächst, kann er teils größere Bestände bilden. Die Wedel stehen dabei einzeln an einem unterirdisch kriechendem Rhizom. Fertile Wedel (also solche, die Sporen bilden) unterscheiden sich im Erscheinungsbild leicht von sterilen Wedeln.

Eine ausführlichere Darstellung bietet der Band „Farne„.

Keulen-Bärlapp | Lycopodium clavatum

Ähnelt einem großen Moos, gehört aber zu den höheren Pflanzen: der Keulen-Bärlapp (Lycopodium clavatum).

Bärlappe faszinieren durch ihre Urtümlichkeit. Sie sind Vertreter einer stammesgeschichtlich sehr alten Entwicklungslinie – grob vereinfacht hatten die Vorfahren vor mehreren hundert Millionen Jahren wesentlichen Anteil an der Bildung der Steinkohlevorkommen. Die fossilen Arten erreichten dabei Baumgröße, was die rezenten Vertreter sicher nicht von sich behaupten können: Bärlappe wachsen krautig im Unterwuchs von Wäldern oder auf extensiv genutzten Flächen.

Der Keulen-Bärlapp zählt im Chiemgau zu den selteneren einheimischen Arten und hat wenige, weit auseinanderliegende Wuchsorte. Vom bei uns viel häufigeren Sprossenden Bärlapp (Lycopodium annotinum) unterscheidet er sich u.a. durch die auf dem Foto gut sichtbare langgezogene, durchsichtige, haarförmige Spitze.

Eine ausführlichere Darstellung der Art ist im Band „Farne“ enthalten.

Sumpf-Bärlapp | Lycopodiella inundata

Wächst in Hochmooren zwischen Land und Wasser und ist selten: der Sumpf-Bärlapp (Lycopodiella inundata).

Der Sumpf-Bärlapp ist ziemlich selten – geworden. Bis ich gezielt nach dieser kleinen Art gesucht habe, ist er mir noch nicht „über den Weg gelaufen“. Seither habe ich etliche ältere Beobachtungen zu überprüfen versucht. An wenigen Stellen bin ich fündig geworden, an anderen Orten war meine Nachsuche vergeblich.

Der Sumpf-Bärlapp ist empfindlich. Er wächst in intakten Hochmooren, immer dort, wo Land und Wasser auf kurzem Weg miteinander abwechseln. Die Triebe kriechen am Boden, teils unter Wasser; für die Sporenbildung entstehen im Hochsommer aufrechte Sprosse.

Die Art wird im Band „Farne“ ausführlicher vorgestellt.

Ein seltener Hahnenfuß | Ranunculus hybridus

Charakteristische Blattform: der Bastard-Hahnenfuß (Ranunculus hybridus),

Zu den sehr seltenen, aber gleichzeitig unverwechselbaren Arten in der Chiemgauer Bergwelt gehört der Bastard-Hahnenfuß, dessen deutscher und wissenschaftlicher Name durchaus Potenzial zur Irreführung haben: es handelt sich um eine „gute“ Art, von Hybridisierung kann nicht die Rede sein.

Es gibt nur vereinzelte Fundmeldungen, im bayerischen Alpenraum im Wettersteingebirge und in den Berchtesgadener Alpen. Geht man aber über die politische Grenze, gibt es auch je mindestens einen Fund aus den Chiemgauer Alpen auf Tiroler Seite und aus den Leoganger Steinbergen, die zum Bestand in Berchtesgaden vermitteln.

Die Pflanze hat nur wenige Blätter, die der Form nach entfernt an Ginkgo biloba erinnern. Keine andere Art in den Ostalpen gleicht ihr.

Die kleinste Orchidee | Chamorchis alpina

Der Zwerg unter den Orchideen: Chamorchis alpina.

Die kleinste der einheimischen Orchideen wächst oberhalb der Baumgrenze und wird nur wenige Zentimeter hoch: Es ist das Zwergknabenkraut (Chamorchis alpina). Mit den grasartigen Blättern und den grünen Blüten wird man die Art womöglich auf den ersten Blick gar nicht als Orchidee erkennen.

Im Kaisergebirge, in den Loferer- und Leoganger Steinbergen und in den östlich angrenzenden Berchtesgadener Alpen wächst die Art. Für die Chiemgauer Alpen mit ihren wesentlich niedrigeren Gipfeln ist nur eine Beobachtung bekannt.

Eine ausführlichere Darstellung findet sich im Band „Orchideen„.

Hahnenfuß unter Wasser | Ranunculus trichophyllus

Streckt in der Regel nur seine Blüten aus dem Wasser: der Haarblättrige Wasserhahnenfuß (Ranunculus trichophyllus).

Die Gattung Hahnenfuß (Ranunculus) ist vielgestaltig. Neben den Arten, die im Frühjahr und Frühsommer ganze Wiesen gelb färben, gibt es auch solche, die weiß blühen – und solche, die weiß blühen und nicht auf Wiesen wachsen: Wasserhahnenfüße bilden eine eigene Untergruppe, die untergetaucht in Bächen und Flüssen wachsen.

Die häufigste Art dieser Wasserhahnenfüße im Chiemgau ist der Haarblättrige Wasserhahnenfuß (Ranunculus trichophyllus). Er wächst in größeren und kleineren Bächen und bildet zum Sommer hin bis zu mehrere Meter lange, verzweigte Sprosse, die im Wasser treiben und auch kleinere Hochwasserereignisse unbeschadet überstehen. Die Blätter sind in viele Abschnitte zerteilt, um den Strömungswiederstand gering zu halten. Nur die Blüten ragen über die Wasseroberfläche.

Alpen-Hahnenfuß | Ranunculus alpestris

Nicht alle Hahnenfuß-Arten blühen dottergelb: zum Beispiel der Alpen-Hahnenfuß (Ranunculus alpestris).

Hahnenfuß-Arten prägen regelmäßig das Erscheinungsbild von Mähwiesen im Flachland, in den Tälern und auf den Almen im Chiemgau mit ihren dottergelben Blüten in großer Zahl. Aber etliche Arten, darunter der Alpen-Hahnenfuß (Ranunculus alpestris), haben weiße Blüten. Er wächst im Gebirge in halbschattigen Lagen, selten auf der Wiese in praller Sonne, sondern eher dort, wo im Winter besonders viel Schnee zusammengeweht wird: in Senken oder am Fuß von Felsen.

Trollblumen im Herbst? | Trollius europaeus

Biologisch sinnvoll blüht die Trollblume Trollius europaeus normalerweise im späten Frühjahr. Im Herbst 2023 kann man sie aber vielerorts im Chiemgau auch in Vollblüte sehen, während gerade die Blätter von den Bäumen fallen.

Auf den nassen Streuwiesen im Chiemgau rings um den Chiemsee und im weiteren Alpenvorland sticht die Trollblume (Trollius europaeus) im Mai mit ihren dottergelben Blüten schon aus der Ferne ins Auge. Seltener kann man die Blüten auch im Herbst entdecken – so gerade derzeit im Oktober 2023.

Das ist nicht völlig ungewöhnlich. Außerhalb der Tropen stehen Pflanzen in der Regel mehrere äußere Faktoren „zur Verfügung“, anhand derer sie feststellen, welche Jahreszeit gerade ist. Das könnte die Regenmenge sein wie im Mittelmeergebiet, wo es nach einem in der Regel regenarmen Sommer im Herbst deutlich feuchter wird (trifft definitiv nicht auf den Chiemgau zu), die Temperatur oder eine zunehmende bzw. abnehmende Tageslänge.

Pflanzen, die das Frühjahr an steigenden Temperaturen erkennen, laufen in langen Schönwetterperioden im Herbst immer wieder Gefahr, fehlgeleitet zu werden. Wenn es zwischendrin kühler war und die Temperaturen dann für längere Zeit wieder ansteigen, „interpretieren“ sie dies als Frühjahr und blühen – was schön anzusehen ist, aber nicht mehr zur Samenreife führt.

Das gleiche Phänomen sieht man übrigens gerade auch an einigen Apfelbäumen.

Ein seltener Streifenfarn | Asplenium fissum

Der zerschlitzte Streifenfarn (Asplenium fissum) hat wenige Standorte in Schutthalden der Chiemgauer Alpen.

Unter den gut 1500 Pflanzenarten, die im Chiemgau und den Chiemgauer Alpen vorkommen, gibt es nur eine einstellige Zahl, die nirgendwo anders in Bayern und Deutschland vorkommen. Dazu gehört der zerschlitzte Streifenfarn (Asplenium fissum).

Er wächst in Schutthalden, die bei aller Beweglichkeit der einzelnen Steine relative Stabilität für die lichtbedürftige Art bieten: weil die talwärts wandernden Steine keinen Baumbewuchs zulassen, gleichzeitig aber eine Art Verdunstungsschutz bieten, indem sie den darunter liegenden Boden beschatten.

Die wenigen bekannten Fundorte werden im Rahmen eines wissenschaftlichen Monitorings in unregelmäßigen Zeitabständen überprüft. Eine weitergehende Darstellung ist im 2024 erschienenen Band „Farne“ enthalten.